Ausgangspunkt einer psychischen Erkrankung ist ein negatives Ereignis in der Vergangenheit. Mit Vergangenheit ist immer Kindheit gemeint. Negative Ereignisse in der Kindheit stauen sich über die Jahre auf und entladen sich dann zeitversetzt im Erwachsenenalter. Das Ergebnis ist das, was wir als „Macken“ und psychische Probleme kennen, mit Symptomen wie Angst, Wut und Niedergeschlagenheit
In den bisherigen Kapiteln wurde immer das „Symptom“ analysiert (Symptom-Ebene). Die Analyse des Symptoms ist ein „indirekter Ansatz“, denn das Symptom ist immer die Folge eines vorangegangenen negativen Ereignisses. Sie können mit ihrer Therapie auch direkt am „Ereignis“ ansetzen. Das ist dann die „Ereignis-Ebene“. Auf der Ereignis-Ebene setzen sie sich auseinander mit den „Konflikten ihrer Kindheit“, von den alltäglichen „Erziehungsproblemen“ über Eltern-Kind-Konflikte bis hin zu Gewalt und Mißhandlung.
Bei dem Thema „Konflikte der Kindheit“ sind viele Menschen besorgt, weil sie an „traumatische Härtefälle“ denken, die wir aus den Medien kennen. Diese Härtefälle gibt es auch, sie sind aber gemessen an der Gesamtzahl der psychischen Probleme eine Minderheit. An psychischen Problemen leiden nicht nur die Extremfälle aus dem Fernsehen, sondern alle Menschen. Jeder Mensch trägt die Konflikte seiner Kindheit mit sich herum, deswegen hat auch jeder Mensch Macken und andere psychische Symptome.
Wenn auf dieser Seite von „Konflikten aus der Kindheit“ die Rede ist, sind die „normalen“ Alltagskonflikte gemeint, die sich jeder vorstellen kann und über die auch jeder reden kann. Diejenigen Menschen, die stärker betroffen sind, müssen selber entscheiden, wie weit sie gehen möchte.
Das „Klischee“, das psychisch kranke Menschen bereits in Tränen aufgelöst sind, wenn sie nur an ihre Kindheit denken, kommt nur sehr selten vor. Um genau das zu verhindern, hat die Natur einen Schutzmechanismus installiert und das ist der Schutzmechanismus der „Verdrängung“. Selbst wenn sie extreme Ereignisse erlebt haben, wissen sie nichts mehr davon. Extreme Ereignisse drücken sich immer nur durch extreme Emotionen aus. Die dazugehörenden Erlebnisse müssen sie erst mühsam rekonstruieren.
Was ist ein Ereignis?
Jeder Mensch kann zwei, drei Geschichten aus seiner Kindheit erzählen, die er als „negativ“ in Erinnerung behalten hat. Bei Jungen sind es die Geschichten, wo man einen großen Unsinn gemacht und einen „Riesenärger“ bekommen hat. Bei Mädchen vielleicht eine große Enttäuschung. Diese zwei, drei hervorstechenden Ereignisse, an die sich jeder erinnern kann, sind aber nicht das, was man in der Mental-Therapie als „Ereignis“ versteht.
Ein Ereignis ist niemals ein einzelner Vorfall, sondern immer eine „Ansammlung“ von Vorfällen. Negative Vorfälle in der Kindheit haben die Neigung, sich zu „wiederholen“. Nehmen wir an ein Vater ist alkoholsüchtig und wird im alkoholisiertem Zustand aggressiv. Der Zustand der Aggressivität passiert dann nicht nur einmal im Leben, sondern sehr oft, nicht selten täglich und das Ganze oft über Jahre. Ein Ereignis ist also kein einzelner Vorfall, sondern immer ein „Thema“. Im beschriebenen Beispiel würde das Thema lauten: “ Die Aggressivität meines Vaters, wenn er Alkohol getrunken hat“.
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